Pressekonferenz Watchgroup, © Johannes Killer

Mag.a Barbara Sieberth, Gemeinderätin/Sprecherin Grüne Frauen
Dr. in Niki Solarz, SPÖ-Landtagsabgeordnete, Badgirls
Mag.a Alexandra Schmidt, Frauenbüro der Stadt Salzburg

In Salzburg gibt es seit einem Jahr eine Watchgroup gegen sexistische Werbung. Zahlreiche Frauen aus Politik, Verwaltung, NGOs bis hin zu privaten Aktivistinnen arbeiten bei dieser Initiative mit. Die Bilanz eines Jahres Arbeit gegen sexistische Werbung war Thema der Pressekonferenz am
1. März 2013.

Watchgroup gegen sexistische Werbung in Salzburg zieht nach einem Jahr Bilanz

Rund siebzig Beschwerden haben im ersten Jahr seit ihrer Gründung die Watchgroup erreicht. Von den über vierzig Sujets, die das Team der Watchgroup bewertet hat, wurden 24 als sexistisch eingestuft. Wird ein Sujet als sexistisch eingestuft, wird in der Folge Beschwerde beim Werberat eingereicht und die Unternehmen und/oder dafür verantwortlichen Agenturen kontaktiert.

Die Kriterien

„Sexismus in der Werbung hat leider viele Gesichter“, betont die städtische Frauenbeauftragte Mag. Alexandra Schmidt. „Grob kann in zwei Gruppen unterschieden werden:
Erstens die Darstellung der Frau als Sexobjekt: es besteht kein direkter Zusammenhang mit dem Produkt, oft erkennbar an viel nackter Haut, am offenen Mund, halb geschlossenen Augen, lasziver Pose.
Zweitens die Verfestigung von Rollenklischees, wie Frauen und Männer zu sein haben, z.B. die Frau am Herd, der Mann als Retter.

Wir weisen dabei auch auf unseren Blog www.watchgroup-salzburg.at hin, auf dem der Kriterienkatalog zu finden ist, nach dem wir bei der Bewertung vorgehen“, so Schmidt weiters.

„Einige wiederkehrende Punkte, die sich durch unsere Bewertung durchgezogen haben, sind uns konkret aufgefallen:

Kleine Agenturen, die oft für regionale Kleinunternehmen arbeiten, tappen am ehesten in die ganz offensichtliche „nackte Frau erregt Aufmerksamkeit für mein Produkt“ Falle. In diesen Fällen ist auch der Werberat immer der Beurteilung der Watchgroup gefolgt und hat die Einstellung der Werbung empfohlen. Das war zB der Fall bei X-Link, einem Unternehmen das Services rund um Internet, Telefon und Fernsehen verkauft.
Zweitens scheint pornographisch anmutende Werbung auch bei größeren Agenturen als „jung & dynamisch“ zu gelten. Das ist leider ein gesamtgesellschaftlich zu beobachtendes Phänomen. Pornografie ist heute leicht zugänglich und scheint nun auch in der Werbung zeigen zu wollen, wie ein erfülltes Sexleben auszusehen hat. Man denke zum Beispiel an diverse Rap-Songs, in denen Gewalt – vor allem gegen Frauen – als legitim, sogar als cool dargestellt wird. Gerade bei jungen Menschen beeinflusst Pornografie Rollenbilder wie Frau und Mann Sexualität leben sollen. Sie verfestigt Hierarchien „Mann dominiert, Frau fügt sich“, setzt alle Beteiligten unter Druck und verherrlicht Gewalt. In unserer übersexualisierten Welt glauben viele Agenturen, je „krasser“ – im Sinne von nackter Haut, lasziven Blicken und eindeutigen Positionen – desto mehr Aufmerksamkeit wird erregt. Ein Beispiel dafür war eine Kampagne für Skiny.
Doch das Gegenteil ist der Fall: Gerade bei Werbungen, die mit viel nackter Haut werben, wird das Produkt „übersehen“ und sich die KonsumentInnen nur noch an das nackte Modell, nicht aber an das Produkt erinnern können. Insofern geht das Argument „Sex sells“ oft ins Leere.
Und drittens, der subtile, aber sehr mächtige Bereich der Rollenbilder: Die Frau als sorgende Hausfrau und Spezialistin für Waschmittel, der Mann als einzig möglicher Heimwerker. Warum nicht einmal umgekehrt? Auch Männer können Bügeln!“ ergänzt SPÖ-Landtagsabgeordnete Niki Solarz.

Unsere Erfolge

„Nach einem Jahr Salzburger Watchgroup können wir Erfolge auf verschiedenen Ebenen vorweisen:
In mehreren Fällen wurde ein Sujet aufgrund unserer Beschwerde zurückgezogen bzw. vom Werberat als sexistisch verurteilt. So zum Beispiel bei einem Radiospot von Elektro Hermann, bei Gmundner Keramik, beim Internetanbieter X-Link oder den Bildern des Energydrinks „Shark“.
Darüber hinaus bringen wir durch unsere Arbeit immer wieder Diskussionen in Gang“, erklärt Bürgerliste Gemeinderätin Barbara Sieberth.

Selbstbeschränkung der Werbewirtschaft wirkungslos

„Als großes Manko kritisieren wir die Selbstbeschränkung der Werbewirtschaft mit der Kontrollfunktion des Werberates, da diese nicht oder nur selten funktioniert. Obwohl der Werberat im Fall einer Firma für Gebäude- und Objektbeschriftung zu einem Stopp der Kampagne aufgerufen hat, findet man die Sujets immer noch auf den Autos, die in der Stadt Salzburg herumfahren. Im Fall „traumagschnas“ hat der Werberat auf eine Beurteilung verzichtet, weil die Veranstalter sich „einsichtig“ zeigen würden. Wer die Diskussion rund um das „traumagschnas“ verfolgt hat weiß, dass dem nicht so war und ist. Man sieht somit klar, wie zahnlos das Instrument Werberat ist,“ kritisiert Sieberth weiters.

„Auffällig ist, dass sich negative Kritik auf unsere Arbeit in den wenigsten Fällen sachlich auf unsere Beurteilungen bezieht. Beim aktuellen Fall der Werbung für das „Traumagschnas“ in einer Zeitung der Ärztekammer nahm jene die Veranstalter in Schutz, ohne inhaltlich auf die Beschwerde einzugehen. Der Veranstalter selbst zeigte keinerlei Einsicht und bewegte sich in seiner Online-Kommunikation auf Stammtischniveau. Wir greifen gerne einen sachlichen Diskurs auf, lehnen aber persönliche Angriffe ab“, fügt Solarz hinzu.

Pläne für 2013

„Wir sehen uns weiterhin als Anlaufstelle für Beschwerden über geschlechterdiskriminierende Werbung. Als Grundlage unserer Beurteilungen dient uns der Kriterienkatalog, den alle drei Werbewatchgroups in Österreich für ihre Arbeit verwenden“, erklärt Sieberth.

Schmidt: „Über das Frauenbüro wird es dieses Jahr einen Stadtdialog zum Thema geben, um auch unabhängig von Beanstandungen Raum für Diskussion und Sensibilisierung zu geben.“

„Ziel ist es weiterhin, ein bundesgesetzliches Verbot von sexistischer Werbung zu erreichen“, fügt Solarz abschließend hinzu.